Was sind Deep Fakes? | Bundesregierung (2024)

Herr Kleemann, was sind Deep Fakes?

Aldo Kleemann: Deep Fakes sind täuschend echt wirkende, jedoch künstlich erstellte oder veränderte Foto-, Video- oder Sprachaufzeichnungen. Dabei kann es sich um einzelne Bilder von realen oder gänzlich neu erschaffenen Personen handeln. Stimmen können imitiert oder neu erschaffen werden. Es können aber auch vorhandene Reden abgeändert und den Sprecherinnen und Sprechern Worte lippensynchron in den Mund gelegt werden.

Der Begriff Deep Fake leitet sich aus dem Erstellungsprozess ab. In einem „Generative Adversarial Network“ (GAN) werden zwei neuronale Netzwerke kombiniert und anhand vorhandener Bild-, Video- oder Sprachaufzeichnungen trainiert. Das anschließende „deep learning“ der neuronalen Netze ist so tiefgehend und die Ergebnisse sind so realistisch, dass der heute umgangssprachliche Begriff Deep Fake auf diesen Prozess zurückgeht.

Aldo Kleemann ist Oberstleutnant i.G. Er studierte von 2008 bis 2012 Politikwissenschaften mit dem Schwerpunkt auf internationalen Beziehungen an der Universität der Bundeswehr in Hamburg. Seit 2022 ist er als militärischer Berater und Gastwissenschaftler in der SWP tätig. In der Ausgabe SWP-Aktuell Nr. 43 der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) finden Sie seinen Beitrag „Deepfakes – Wenn wir unseren Augen und Ohren nicht mehr trauen können“.

Wie können Deep Fakes erstellt werden?

Kleemann: ImGAN findet ein Wechselspiel zwischen zwei Komponenten statt. Während der gestaltende Teil (Generator) fiktive Bilder oder Stimmen erzeugt, übernimmt der andere Teil (Diskriminator) deren Bewertung hinsichtlich der Echtheit des gegebenen Trainingsdatensatzes. Ziel ist es, dass der Generator Medien produziert, die möglichst nicht vom Trainingsdatensatz zu unterscheiden sind. Man kann ein solchesGAN also ganz allgemein auf die Erstellung von beispielsweise Porträtfotos anlernen oder aber für ein bestimmtes Gesicht oder eine bestimmte Stimme trainieren.

Kann jede und jeder Deep Fakes erstellen?

Kleemann: Ja das kann jede und jeder, für einfache Täuschungen reichen handelsübliche Apps. Benutzerinnen und Benutzer brauchen keine Vor- oder gar Programmierkenntnisse. Sofern man mit dem Deep Fake eine bestimmte Person imitieren will, braucht es entsprechende Trainingsdaten für die App. Man braucht also Bilder und/oder Audiodateien der jeweiligen Person. Will man sich aber nur ein Foto erschaffen, möglicherweise, um einen falschen Account in Sozialen Medien anzulegen, könnte man einen Text-Bild-Generator nutzen. Für deren Nutzung braucht es nur die Beschreibung des Bildes.

Woran können Deep Fakes erkannt werden? Geht das überhaupt?

Kleemann: Viele ältere Deep Fakes weisen typische Bildfehler oder blecherne Stimmen auf. Auch aktuelle Deepfakes sind nicht immer perfekt. Beispielsweise betrifft das bei den Text-Bild-Generatoren häufig die Darstellung der Hände, die Zahl und Form der Finger passt dort regelmäßig nicht. Dies ist jedoch nur eine Momentaufnahme, die Technologie entwickelt sich rasend schnell weiter und daher können wir nicht davon ausgehen, dass wir Deep Fakes auch in der nahen Zukunft noch mit dem bloßen Auge erkennen können.

Hinzu kommen die unzähligen Variationsmöglichkeiten beim Einsatz von Deep Fakes, also was genau verändert wurde, welche Sie für ein derartiges „Erkennen“ im Blick haben müssen. Mitunter ist es nur der Gesichtsausdruck einer Person, welchen sie leicht verändern müssen, etwa ein Lächeln im unpassenden Moment. Möglicherweise wurde eine ganze Rede erschaffen oder aber nur einzelne Aussagen verändert, manchmal reicht es einzelne Worte zu entfernen oder hinzuzufügen. Darüber hinaus ist relevant auf welchem Medium die Zielgruppe den Deep Fake betrachtet: Ein hochauflösendes Display? Boxen in Tonstudioqualität, die kleinste Unstimmigkeiten in der Stimme hörbar machen? Oder wird der Fake auf einem Handy betrachtet? Möglicherweise wurde der Deep Fake gar zunächst auf einem Fernseher gezeigt, mit einem Handy abgefilmt und dann verbreitet. Auch ein Faktor ist, wie viel Zeit die Zielgruppe zur Betrachtung hat. Die Möglichkeiten sind grenzenlos, von daher sollten wir nicht davon ausgehen, dass wir Deep Fakes heute und in Zukunft allein mit unseren Augen und Ohren problemlos erkennen können.

Wozu werden Deep Fakes produziert?

Kleemann: Deep Fakes lassen sich schnell, kostengünstig, massenhaft und sehr einfach erstellen. Mit Deep Fakes können zum Narrativ schnell und einfach passende Ton-, Bild- und Videoaufzeichnungen erstellt werden. Die menschliche Neigung, emotional auf diese Medien zu reagieren, eröffnet deren Produzentinnen und Produzenten eine völlig neue Dimension des Missbrauchs. Zu den allgemeinen missbräuchlichen Anwendungen zählen daher Betrug, Diffamierung, Erpressung und eben Desinformation.

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen Deep Fakes und Desinformation?

Kleemann: Täuschung und Medienmanipulation sind an sich keine neuen Phänomene. Deep Fakes verändern Desinformationskampagnen allerdings in drei wesentliche Faktoren:

  • Quantität – marktverfügbare Apps ermöglichen eine massenhafte, schnelle und kostengünstige Anfertigung von Deep Fakes. Das erlaubt es neben Staaten auch ressourcenarmen Gruppierungen und Individuen, eigene Desinformationskampagnen im großen Maßstab durchzuführen.
  • Qualität – Deep Fakes werden qualitativ immer besser und wirken natürlicher, wodurch sie schwerer zu erkennen sind und an Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft gewinnen.
  • Qualifikation – Während die Erstellung von Deep Fakes nahezu keinerlei Qualifikation voraussetzt, wird die zu ihrer Erkennung erforderliche Expertise immer umfangreicher.

Diese Entwicklungen haben das Potential, die Reichweite und Wirksamkeit von Desinformation im 21. Jahrhundert signifikant zu erhöhen.

Gibt es Möglichkeiten, Deep Fakes zu begrenzen? Stichwort: Regulierung und Kennzeichnung von KI?

Kleemann: Ein „silver bullet“ also eine universell wirksame Wunderwaffe wird es nicht geben. Ein Verbot ist abwegig, denn die dahinterstehende Technologie ist ein klassischer Fall einer Dual-Use Technologie. Sie lässt sich in der Medizin, zur Medikamentenentwicklung oder zur Verbesserung der Bildauswertung anwenden oder in der Bildung um beispielsweise Geschichte erlebbarer zu machen.

Wir werden daher lernen müssen, mit Deep Fakes zu leben und können deren negative Wirkung nur bedingt begrenzen. Dazu bedarf es einer Mischung von präventiven und reaktiven Ansätzen: Eindämmen – Erkennen – Reagieren ist hier der Dreiklang. Dazu zählen eine softwareseitige Kennzeichnungspflicht für Deep Fakes, die Stärkung vertrauenswürdiger Inhalte durch das Hinzufügen fälschungssicherer Verlaufs- und Identitätsinformationen zu digitalen Daten, die Stärkung von Medienkompetenz und die Entwicklung eigener Aufklärungsansätze unter Verwendung von KI.

Umgang bedeutet aber auch, dass wir uns auf Deep Fakes einstellen und Mittel und Wege finden, deren Wirkung zu begrenzen: hierzu gehört ein Mediamonitoring sowie die kontinuierliche Beschäftigung mit Deep Fakes, um zu verstehen, wie sie in Desinformationskampagnen eingebunden werden. Es braucht den Austausch national und mit unseren internationalen Partnerinnen und Partnern. Und schlussendlich müssen wir Reaktionsstrategien vorhalten, die vor allem auf Schnelligkeit ausgerichtet sind. Denn in einer Zeit, in der die Verbreitung von Informationen nicht mehr in Tagen, sondern in Minuten gemessen wird, bedarf es der Fähigkeit zur raschen Erkennung und schnellen Antwort auf einen Deep Fake.

Schauen wir mal in die Zukunft: In welche Richtung entwickeln sich Deep Fakes?

Kleemann: Deep Fakes werden kontinuierlich besser und wir werden ohne Hilfsmittel immer weniger in der Lage sein, zwischen Realität und Fälschung zu unterscheiden.

Dieses Interview wurde schriftlich geführt.

Künstliche Intelligenz kann Fotos und Videos von Szenen erzeugen, die so gar nicht stattgefunden haben. Wie soll man da noch durchblicken? In dem Beitrag „

Deepfakes erkennen

“ von fluter Magazin sind Tipps für den Echtheits-Check zu finden.

Informationen zu Nachrichten im digitalen Zeitalter finden sich auch im Handbuch „

Fake News, Framing, Fact Checking

“ der Bundeszentrale für politische Bildung.

Was sind Deep Fakes? | Bundesregierung (2024)

FAQs

What is an example of a deepfake? ›

Deepfake technology examples range from convincing voice recordings and “filter-type” videos all the way to fully fabricated yet highly lifelike content.

Are deepfakes illegal? ›

Deepfakes of child sexual abuse or “revenge p*rn” — creating an image of a real person with the intent to harm their reputation — could be illegal obscenity. Perjury. Deepfakes could be used to manufacture false testimony in a video deposition, court testimony or other statements made under oath.

What is the science behind deep fakes? ›

Deepfakes leverage autoencoders by training two network pairs, one encoder-decoder pair for the source-image dataset and another for the target-image dataset. The pairs share the encoder network, which allows the encoder to learn the structure of a human face.

What are the dangers of deepfakes? ›

Not only has this technology created confusion, skepticism, and the spread of misinformation, deepfakes also pose a threat to privacy and security. With the ability to convincingly impersonate anyone, cybercriminals can orchestrate phishing scams or identity theft operations with alarming precision.

What celebrities are victims of deepfakes? ›

From Taylor Swift and Maisie Williams to Gal Gadot and Emma Watson, numerous female celebrities had their likenesses utilised and manipulated for sexually explicit deepfakes, much of which remains unregulated on the internet.

Which are the five types of deep fakes? ›

​​5 Types Of Deep Fakes You Should Be Aware Of​
  • ​​Textual Deep Fakes​ ...
  • ​​Deep Fake Video​ ...
  • ​​Deep fake Audio​ ...
  • ​​Deep Fakes on Social Media​ ...
  • ​​Real-time or Live Deepfakes​ ...
  • ​​Deep Fake Frauds in India​ ...
  • ​​How To Avoid Deep Fakes​
Jan 13, 2024

How can deepfakes be detected? ›

How to detect a deepfake?
  1. Number of flashes. ...
  2. Face and body. ...
  3. Video length. ...
  4. Video sound. ...
  5. Inside the mouth. ...
  6. Other details. ...
  7. Using technology.

How is deep fake done? ›

Using artificial intelligence, deepfakes can mimic a person's voice and facial features. The technology uses an audio recording of someone's voice to make it say things that the person might never have said. It can mimic someone's facial movements from videos of them, or even just a picture of their face.

How do people make deep fakes? ›

Creating a deepfake is a complex process that relies on the use of artificial intelligence algorithms, specifically those focused on deep learning. These algorithms analyze thousands of images and videos to learn how to mimic a person's facial expressions, movements, and voice.

How do I protect myself from AI? ›

Protect Yourself From AI Fraud

Never share personal information online, particularly with individuals you don't know or trust. Verify the security of websites by checking for the lock icon in the URL and ensure you're using strong, unique passwords for all your accounts.

What is the most common deepfake? ›

A common example of a deepfake video is 'face swap' in which the face of the victim is placed on a different body. This could create a scene which is embarrassing or even illegal. Another deepfake is known as 'face puppetry' in which the victim's lip movements are manipulated to literally put words into their mouths.

What is an example of a celebrity deepfake? ›

They and others have been the subject of “deepfake” celebrity endorsem*nt videos spread on social media that have ensnared unsuspecting consumers. Aniston was supposedly giving away expensive Apple MacBook laptops, and Swift and Gomez appeared to be endorsing Le Creuset cookware.

Which best describes a deepfake? ›

Deepfakes (portmanteau of "deep learning" and "fake") were originally defined as synthetic media that have been digitally manipulated to replace one person's likeness convincingly with that of another.

What is a deepfake image? ›

Deepfake, a portmanteau of “deep learning” and “fake,” refers to media that has been digitally altered to replace a person's face or body with that of another.

What is an active threat example of a deepfake? ›

Celebrity and nonconsensual p*rnography. A major threat that deepfake poses is nonconsensual p*rnography, which accounts for up to 96% of deepfakes on the internet. Most of this targets celebrities. Deepfake technology is also used to create hoax instances of revenge p*rn.

What type of AI are deepfakes? ›

A deepfake is an artificial image or video (a series of images) generated by a special kind of machine learning called “deep” learning (hence the name).

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Author: Prof. An Powlowski

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